Presse - Konzertkritiken

 

Goldener Löwe, 28.12.2014 – Konzert für Violine und Klavier, Yuri Revich & Ulugbek Palvanov


Saitensprünge
Zum Jahresausklang wieder ein Konzert der Sonderklasse, bei dem die Begriffe „Interpretation“ und „Reproduktion“ nachdenklich machten. Stets aufs Neue muss ein Musikwerk zum Leben gebracht werden. Musik ist eben nicht reproduzierbar, denn jede Form der Interpretation ist ein soeben geborenes Original, ist die Musik selbst. Der Notentext ist lediglich eine Regieanweisung, mehr nicht. Unter den Händen der Interpreten entsteht die originale Identität eines Werkes. Als wäre es noch nie gespielt worden, entsteht es zum ersten Mal.
Diese Gedanken wurden hier bestätigt. Yuri Revich (Violine) und Ulugbek Palvanov (Klavier) spielten zu Beginn des Konzertes Beethovens berühmte Kreutzer-Sonate in A-Dur, Opus 47. Der 1991 in Moskau geborene und vielfache Preisträger Yuri Revich, inzwischen in Konzertsälen weltweit ein gefeierter Violinist, gestaltete das Werk gemeinsam mit dem nicht minder großartigen Pianisten Ulugbek Palvanov wie aus einem Guss. Mit bemerkenswertem Einfühlungsvermögen, ja mit Hingabe gestalteten beide Künstler Beethovens Musik, die auch technisch große Anforderungen stellt und – man mag es hier kaum sagen – wie selbstverständlich bewältigt werden. In der Violin-Literatur hat der Klavierpart häufig Begleitfunktion. Nicht aber bei Beethoven! Hier sind Geige und Klavier gleichwertig, und es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass Ulugbek Palvanov technisch recht schwere Passagen zu meistern hatte, doch wie von ihm gewohnt brillant und überlegen. Revich und Palvanov: Ein großartiges Duo, dem man die Liebe zur Musik anmerkte, die sie interpretierte und eben nicht (nur) reproduzierte.
Nach der Pause spielten Revich und Palvanov Ravels Sonate für Violine und Klavier aus dem Jahr 1927 mit Hingabe und meisterlicher Zweisamkeit. Geige und Klavier schienen zu verschmelzen, es war ein Rausch kammermusikalischer Glückseligkeit.
Bei Chatschaturian denkt man fast zwangsläufig an den berühmt-berüchtigten Säbeltanz, doch das Adagio aus dem Ballett Spartakus überraschte mit seiner melodischen Gestaltung, zuweilen nahezu explosiven Leidenschaft, die beide Künstler mit seidigem Geigenton und kultiviertem Klavierklang erlebbar machten.
Die Carmen-Fantasie von Sarasate war wohl eher der virtuosen Violine geschuldet. Warum auch nicht. Was da der Yuri Revich – begleitet vom aufmerksamen und wie immer auch brillanten Ulugbek Palvanov – mit seiner Violine an Virtuosität, gleichermaßen warmen und schon als verführerisch zu nennenden Klängen darbot, das war einzigartig, ja, man hatte das Gefühl, als freue sich das edle Instrument selbst über die wildesten Saitensprünge.
Der Beifall des begeisterten Publikums war rauschend.   Werner Langrock, Berlin
 

11.04.2015 – Märchenvilla Eberswalde, Klavierkonzert

Am 11. April 2015 gab der mit zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnete Pianist Ulugbek Palvanov in der umfangreich restaurierten Märchenvilla aus dem 19. Jahrhundert ein Klavierkonzert in Erinnerung an den 1915 verstorbenen russischen Komponisten Alexander Skrjabin. Als Zeitgenosse Rachmaninoffs war Skrjabin ein weltberühmter Pianist und wirkte bis 1904 in Moskau als Klavierlehrer, um sich danach ganz dem Komponieren zu widmen. Er schrieb u. a. verschiedene Werke für Klavier, so auch Etüden, Préludes und fünf Sonaten. Ulugbek Palvanov spielte die fünfte Sonate in fis-moll, die dem Interpreten neben vorausgesetztem technischen Können auch Einfühlungsvermögen in die gelegentlich gewöhnungsbedürftige Klangwelt abverlangt.
Beethovens Sonate Opus 57, f-moll, auch Appassionata benannt, entwickelte U. P. mit der ihm eigenen Gestaltungskraft zu einer Offenbarung düsterer Tragik. Man erinnert sich an die Worte „Kampf, Zweifel, Hoffnung, Sieg“, und das Allegro man non troppo beginnt dann wie unheilverkündend, woraufhin ein Sturm losbricht, sich  zu legen scheint,  von neuem anschwillt und schließlich im Schlusspresto den Höhepunkt findet. Dank seiner überragenden technischen Fähigkeiten kann sich U. P. der von Kopf und Herz geprägten Gestaltung dieser großartigen, an die Schicksalssinfonie erinnernden Sonate widmen.
Liszts Ballade Nr. 2, h-moll, ist ein Teufelsstück virtuoser Brillanz. Palvanov lässt Doppeloktaven und perlende Läufe über die Tasten rasen, um sekundenschnell in ein Pianissimo umzuschalten, das wie ein Samtkissen wirkt. Bewundernswert sind dabei sein Einfühlungsvermögen, seine perfekte Sicherheit und seine unverkrampfte Art. Bravo, bravissimo!
Die Einmaligkeit des chopinschen Klavierstils verlangt ein Nachschaffen, das dieser Besonderheit gerecht wird, d. h. die Wiedergabe in unverfälschtem Geist erklingen lässt. Dieser stilgemäßen Auffassung der chopinschen Musik wird U. P. stets gerecht. So auch  in dem  oft gespielten Scherzo b-moll, Opus 31. Allerdings, und das ist wohl dem heutigen Zeitgeschmack geschuldet, spielt auch U. P. die entzückende a tempo leggierissimo-Strecke in einem atemberaubenden Tempo, das im Gesamtgefüge des Werkes als ein wenig zu schnell empfunden wird. Doch ist das Geschmackssache.
Mit Ulugbek Palvanov sind wir einem großartigen Pianisten begegnet, der mit federndem und brillant durchdachtem Zugriff schwierigste Klavierliteratur triumphieren lässt. Bei aller Virtuosität spielt er sehr differenziert und phantastisch durchsichtig, die Kantilenen werden in aller Schönheit zelebriert und auch scheinbar Nebensächliches noch hörbar gemacht. Der Faszination seines Klavierspiels kann man sich nicht entziehen, es ist musikalische Glückseligkeit auf schwarz-weißen Tasten.   Werner Langrock, Berlin
 

Märkische Oderzeitung, 24.11.2015


Dynamisch, präzise und voller Gefühl
Märchenvilla Eberswalde – Eleonora Kotlibulatova gibt mitreißendes Klavierkonzert in ausverkaufter Märchenvilla

Sie ist jung, hübsch und spielt fantastisch Klavier – Eleonora Kotlibulatova. Die 29-jährige Usbekin gastierte am vergangenen Sonnabend mit einem Solokonzert in der ausverkauften Märchenvilla. Die Besucher erlebten herrliche Musik von Tschaikowsky, Chopin und Liszt.

Die 29-Jährige beherrscht nicht nur ihr Instrument, sie versteht es auch, zu ihrem Publikum eine persönliche Verbindung herzustellen. Zu jedem Stück, das Eleonora Kotlibulatova für das Konzert ausgewählt hat, er- zählt sie eine Geschichte aus ihrem Leben. Ein Leben, das voller Musik ist: Mit fünf Jahren lernte sie Geige, mit sechs Klavier. Die Liebe zu dem Tasteninstrument entdeckte sie durch ihre Mutter, die selbst Pianistin und Klavierlehrerin ist. Sie habe ihr sogar das tägliche Üben von drei bis sieben Stunden schmackhaft gemacht.

Erst bekam Eleonora Kotlibulatova zu Hause Klavierunterricht, dann ging sie an eine Musikschule für talentierte Kinder. Dort machte sie ihren ersten Abschluss. Den zweiten am Konservatorium in Taschkent, den dritten an der Hochschule für Musik und Theater in Rostock.

Das Konzert in Eberswalde ist eines von etwa zehn, die Eleonora Kotlibulatova pro Jahr gibt. Mitgebracht in die Märchenvilla hat sie ihre Lieblingsstücke. Pjotr Iljitsch Tschaikowskys „Die Jahreszeiten“ zum Beispiel. Seit 22 Jahren beschäftigt sie sich mit seinem Werk. Mit Franz Liszt verbindet sie eine bestimmte Erinnerung: Ihr erstes Solokonzert, das sie mit 13 Jahren in der Ukraine gegeben hat – auf einem 150 Jahre alten Flügel, auf dem einst Sergej Rachmaninoff gespielt hatte. „Das ich dort spielen durfte, war ein Wunder!“

Die Grande polonaise brillante von Frédéric Chopin hat sie für ihren guten Freund Werner mitgebracht, der im Publikum sitzt. „Ich weiß, dass du das Stück so magst“, sagt sie.

Knapp zwei Stunden dauert Eleonora Kotlibulatovas abwechslungsreiches Programm. Mal spielt sie energisch, mal leise und zart. Immer wirkt es so, als würde sie mit den Werken in ein Zwiegespräch treten. Sie lächelt beim Spielen, dann sieht sie ernst drein, schließt die Augen oder blickt auf die Tasten. Am Ende des Konzerts wollen die Zuhörer die junge Frau gar nicht gehen lassen und fordern mit ihrem langen Applaus Zugabe um Zugabe.   Maria Ugoljew

 


Märkische Oderzeitung, 05.11.2016

Märchenvilla Eberswalde – Publikum feiert Pianist Eugéne Mursky
Eberswalde (sk) Wenn Eugéne Mursky Klavier spielt, erschafft er aus raumfüllenden Tönen opulente Klangwelten, denen es mühelos gelingt, die Zuhörer in ihren Bann zu ziehen. Am Sonnabend war der Ausnahme-Pianist aus Usbekistan, der seit 23 Jahren Wahl-Berliner ist, auf Einladung der Bernauer Konzertagentur Pianowerke mit einem Frédéric-Chopin-Programm in der Märchenvilla an der Brunnenstraße 9 zu erleben. Auf dem Bechstein-Flügel des vom Energieanbieter EWE geführten Kunsthauses hat der Pianist seinem Lieblingskomponisten einmal mehr mit schöpferischer Leidenschaft ein Denkmal gesetzt, das nicht in Anbetung erstarrte. Das begeisterte Publikum spendete im voll besetzen Saal vom ersten Stück an, der so genannten „Militär-Polonaise“, rauschenden Beifall.   Sven Klamann
 


Märkische Oderzeitung, 11.04.2017

 
Goldener Löwe Wandlitz – Elegischer Blick hinter die Dünen, Kammermusik von Brahms, Rachmaninoff und Langrock

Pianowerke und ihre instrumentalen Ergänzungen sind das Markenzeichen der gleichnamigen, von ehrenamtlichem Engagement geprägten Veranstaltungsreihe in der gemeindeeigenen Kulturbühne Goldener Löwe im Dorfkern von Wandlitz. Seit drei Jahren offeriert sie, nunmehr ins Verzeichnis der „Kulturfeste im Land Brandenburg“ aufgenommen, erlesene Klangkost. Dargeboten von jungen hochtalentierten Klassikkönnern. Künstlerischer Leiter des kleinen, aber feinen Musenfestes ist der usbekische Pianist Ulugbek Palvanov, der an den Konservatorien von Taschkent, Moskau und dann in Berlin studierte.

Am Sonntag hat er gemeinsam mit der aus Sankt Petersburg stammenden Natalia Costiuc Sonaten für Violoncello und Klavier von Johannes Brahms und Sergej Rachmaninoff aufgeführt. Das Spiel der beiden passt vorzüglich zusammen, denn sie verkörpern jene legendäre russische Schule, die Gefühlsreichtum, Ausdrucksintensität, technische Perfektion und einen großen Ton zu interpretatorischer Tugend erkoren hat. Aus der tiefen Lage des Cellos steigt das Thema des ersten Satzes der kontrastbetonten e- Moll-Sonate op. 38 von Brahms sonor vibrierend empor. Leidenschaftliche Erregung breitet sich aus, an der alsbald der Pianist beteiligt wird. Er musiziert auf einem nicht sonderlich klangvollen und für die Akustik des Saales nur bedingt geeigneten Yamaha-Stutzflügel. Den Facettenreichtum seines Parts kann Palvanov trotz redlichen Bemühens nur teilweise zum Ausdruck bringen.

In der nicht ganz so kontrastreichen Rachmaninoff’schen g-Moll-Sonate op. 19 treffen vorzüglicher Lagenwechsel, Ausdruckshingabe und lyrisches Saitensingen der Cellistin auf klangdirektes und energisches Tastenspiel. Doch dem Pianisten gelingen auch geheimnisvolle Passagen, das Schwelgen in üppig wuchernden Harmonien, das Changieren zwischen Hell und Dunkel.

Dagegen setzen die „Impressionen“ des 83-jährigen Komponisten Werner Langrock auf melodiöse, neoromantisch bis impressionistisch geprägte Eindrücke von „Fernen Segeln“, der „Einsamen Birke“, dem „Wellenspiel“ und dem, was „Hinter den Dünen“ passiert. Flink und kapriziös zeigt sich das Klavier; ruhig, schmachtend und etwas elegisch gestimmt singt das Cello. Da entstehen mancherlei Spannungsgegensätze, die sich lustvoll ausleben. Das Publikum ist begeistert. Peter Buske

 


Goldener Löwe Wandlitz, 04.09.2021 – Trio Laccasax

Entgrenzte Musik
Von Thomas Heyn

 

„Spiel ohne Grenzen“ hieß eine berühmte Unterhaltungssendung in den sechziger und siebziger Jahren, die wir Kinder bei gutem Benehmen ab und zu bei Tante Else im Nachbarhaus, die schon so einen Wunderapparat hatte, ansehen durften. „Spiel ohne Grenzen“ heißt auch das neue Konzertprogramm, welches vom Berliner Trio Laccasax Anfang September in Wandlitz vorgestellt wurde.  
Nach beinahe zwei Jahren konnten wir in unserer Heimatgemeinde wieder ein Konzert besuchen. Unsere Groß-Gemeinde besteht aus 10 Ortschaften mit dem Zentrum Wandlitz, leistet sich dankenswerterweise ein Kulturamt, betreibt ein Kulturhaus und bietet seinen Einwohnern und den Gästen, vor allem aus Berlin ein deutlich interessanteres Kulturangebot als zum Beispiel die Nachbarstadt Oranienburg. Für die immerhin fünftgrößte Stadt Brandenburgs ist die Kultur nämlich nur ein Anhängsel der Tourismus-GmbH ist, was man dem Programm dann auch deutlich anmerkt. Wandlitz ist also zum Glück ein kulturelles Kleinod geworden.   
Die engagierten Betreiber der PIANOWERKE aus Bernau, Birgit Ribbe und Ulugbek Palvanov als künstlerischer Leiter und Kurator einer ambitioniertes Kammermusikreihe in Wandlitz, haben seit Februar 2014 hochkarätige in- und ausländische Solisten mit klug ausgewählten Programmen engagieren können. Ihrer Initiative ist es auch zu verdanken, dass seit 2019 ein guter Flügel angeschafft werden konnte. Diesmal hatten sie sich zur Eröffnung der neuen Konzertsaison das Berliner Trio Laccasax eingeladen. Das aktuelle Programm des Trios heißt „Spiel ohne Grenzen“ und stellt Stücke aus den CD-Alben „Passe Partout“ und „In Music at Home“ vor, die der Gründer des Trios, Timofey Sattarov zusammen mit seinem Kollegen gutgelaunt und witzig präsentierte.  
Ribbe und Palvanov schreiben dazu im Programmheft: “Die Musiker geben ihren Darbietungen den treffenden Begriff „Kammerweltmusik“, das ist eine Definition, die der Klarinettist David Orlowsky eingeführt hat. Damit ist Weltmusik mit kammermusikalischem Anspruch gemeint. Das Trio Laccasax hat sich mit seiner „Kammerweltmusik“ in die Herzen des Publikums gespielt und das wiederholt und immer auf höchstem Niveau. Was sie an musikalischer Kreativität und hochvirtuosem Spiel performen, ist unglaublich: „Musik vom Feinsten für Feinhörer“, wie sie selbst sagen. Die Musiker haben jegliche Genregrenzen von Tango, Klezmer, Jazz, Klassik und Moderne aufgehoben und bieten Weltmusik mit kammermusikalischem Anspruch auf der Spitze der Professionalität.
Das Trio Laccasax gründete sich 2011. Die Musiker sind Absolventen der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin und der Universität der Künste Berlin sowie Preisträger renommierter Instrumentalwettbewerbe. Schnell avancierten sie zum Geheimtipp, und genauso schnell wurden sie eine feste Größe auf den Bühnen der Welt. 2017 und 2018 erschienen die CDs „Passe Partout“ und „In Music at Home“ auf dem Münchener Label GLM Music. Beide Alben wurden europaweit rezensiert und im Jazz- und Kulturradio ausgestrahlt.“ nowerke.de | Als Musiker und Zeitungsmensch kennt man ja vieles und hat irgendwie und irgendwo alles schon mal gehört: Tango und Tango Nuevo, klar, Klezmer, natürlich, Jazz aller Art, logo, Akkordeonfolklore, selbstverständlich. Für Musiker heutzutage ist es schwer, etwas wirklich Neues zu erfinden. Und so waren es tatsächlich weniger die Stücke mit ihren schrägen Überschriften wie „Walzer Nr.2“ oder „Suse“, in der die Sus-Akkorde gefeiert und die Terz gefeuert worden war, sondern die Art der Präsentation. Denn wir hörten nicht nur drei (wunderbare) Musiker, sondern mindestens 6. Wir hörten nämlich nebenbei noch einen sehr guten Pianisten, der auch Akkordeon spielte. Wir hörten einen atemberaubenden Gitarristen, der die ausgeklügelsten Jazz-Akkorde so nebenbei aus den Ärmeln schüttelte und wir hörten einen groovenden Schlagzeuger, der auch noch für den Bass zuständig war.  Elektronisch wirkende Klänge, spaciges, Athmo, so was produzierten alle nebenbei mit, wenn es passte. Ich muss jetzt leider hymnisch werden, denn noch nie hatte ich einen Saxophonisten wie Andrey Lakisov gehört, der in schwindelerregenden Höhen den Klarinettenton von Giora Feidman so perfekt zitiert hat, mit all den kleinen glissandi, Schwebungen und Schmatzern, die dazugehören. Und noch nie habe ich einen Bassisten wie Bernd Gesell gehört, der mit mehrfach springendem Bassbogen so virtuos umging, als müsste er Schostakowitsch in der Philharmonie spielen und zwar auf der Geige. Und noch nie habe ich so einen rasant schnellen, geschickten Bajanspieler gehört wie Timofey Sattarov, bei dem die Geschwindigkeit und Virtuosität aber eben nicht nur Fingerfertigkeit ist, sondern im Dienste musikalischer Zusammenhänge steht. Timofey Sattarov haben wir vor 20 Jahren das erste Mal gehört. Er war vielleicht 14 oder 16 Jahre alt und saß in der Gedächtniskirche Berlin mit anderen Schülern des Musikgymnasiums C. P. E. Bach und einigen Philharmonikern. Alle zusammen hatten ein Projekt über Brittens „War Requiem“ erarbeitet und Timofey sang allein ein Lied, das vom Text her ungefähr so ging: „Ich will in die Hölle! Denn wenn ich da bin, werde ich sofort nach Wegen suchen, dort wieder heraus zu kommen.“  Die Hölle ist ihm bis jetzt erspart geblieben. Aber Wege hat er gefunden, musikalische Wege: viele und überraschende und schräge und unterhaltsame Wege. Und er hat zwei kongeniale Mitstreiter gefunden. Frau Musica wird es ihm danken.